Türkische Staatsbürger sollen künftig ohne Visum in die meisten EU-Staaten reisen dürfen. Das hat die Kommission in Brüssel vorgeschlagen. Einige Bedingungen müssten jedoch noch erfüllt werden.
Die EU-Kommission empfiehlt die Aufhebung der Visumpflicht für türkische Bürger. Dies geschehe aber unter dem Vorbehalt, dass die Türkei die verbleibenden EU-Bedingungen erfüllt, teilte Vizekommissionspräsident Frans Timmermans am Mittwoch mit. Zieldatum für die visafreie Einreise ist Ende Juni, zuvor müssten aber die EU-Staaten und das Europaparlament zustimmen.
Konkret geht es um Kurzaufenthalte von bis zu 90 Tagen im eigentlich grenzkontrollfreien Schengen-Raum. Im Zuge der Flüchtlingskrise haben Deutschland und andere Staaten jüngst wieder Grenzkontrollen eingeführt. Von der Visumfreiheit profitieren würden etwa Geschäftsleute, Touristen oder Menschen, die Angehörige besuchen möchten. Die Befreiung gilt allerdings nur für Türken, die einen biometrischen Reisepass besitzen. Bisher sind das nach Angaben der EU-Kommission nur etwa zehn Prozent der rund 79 Millionen Türken.Ankara pocht seit langem auf Reiseerleichterungen für türkische Bürger. Für die Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise kommt die EU der Türkei nun entgegen. Das Land hat jüngst beschlossen, dass im Gegenzug auch Bürger aller EU-Staaten ohne Visum einreisen dürften. Für Zyprer beispielsweise war dies bisher nicht möglich.
Timmermans sagte in Brüssel, die Türkei habe bei den notwendigen Reformen in den vergangenen Wochen "beeindruckende Fortschritte erzielt". Es gebe aber immer noch viel zu tun. Aber wenn Ankara so weitermache, könnten die restlichen fünf der 72 Bedingungen erfüllt werden. Timmermans nannte unter anderem eine Vereinbarung mit der Polizeibehörde Europol, eine Überarbeitung der Terrorismusgesetzgebung und Änderungen im Bereich der Grundrechte.
Die Aufhebung der Visumspflicht ist in der EU angesichts der Diskussionen über die Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei umstritten. Kritiker befürchten zudem eine massenhafte Einreise von türkischen Kurden, die aus den umkämpften Gebieten im Südosten des Landes fliehen könnten.
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