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João Havelange: Der Hundertjährige, der sich den Weltsport unterwarf und immer noch da ist

dimanche 8 mai 2016

João Havelange (2010)

João Havelange (2010)

Er holte Sepp Blatter zur Fifa und baute mit dem Adidas-Gründer ein Korruptionssystem auf. Heute wird João Havelange, einer der mächtigsten Sportfunktionäre der Geschichte, 100 Jahre alt.

Der letzte Dinosaurier lebt noch. Er heißt Jean-Marie "João" Faustin Goedefroid de Havelange und feiert heute seinen 100. Geburtstag. Der Brasilianer Havelange, Sohn eines belgischen Waffenhändlers, von 1974 bis 1998 Präsident des Fußball-Weltverbandes Fifa, hat Sportgeschichte geschrieben als einer der einflussreichsten Funktionäre des 20. Jahrhunderts - und einer der korruptesten.

Doch während die meisten seiner Kumpanen von früher längst das Zeitliche gesegnet haben, hat Havelange alle Stürme überlebt. Bei den Olympischen Sommerspielen im August wird er noch einmal eine Rolle spielen.

Havelange ist neben dem 80-jährigen Mexikaner Olegario Vázquez Raña, seit 1980 Präsident des Weltverbandes der Sportschützen, einer der den letzten Vertreter jener Latino-Fraktion, die einst den olympischen Weltsport dominierte. Diese Paten trieben die Kommerzialisierung voran, gestalteten Sportverbände zu globalen Konzernen um und entschieden über die Austragung von Mega-Events. Zur mächtigen Latino-Combo zählten neben Havelange der Italiener Primo Nebiolo (Leichtathletik) der bereits 1999 starb, der langjährige IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch (verschied 2010), und Mario Vázquez Raña, Bruder des Schützen-Olegario (2015). Havelange ist immer noch da.

Bis vor wenigen Jahren feierte er seine Geburtstage traditionell in Zürich mit alten Verbündeten. Nach zahlreichen Krankenhaus-Aufenthalten verbieten sich nunmehr lange Reisen, der Jubilar wird daheim in Ipanema Tag und Nacht betreut.

Eigentlich sollte zum Hundertsten des Patrons eine große Party steigen. So hatte es im Oktober 2009 der damalige brasilianische Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva dem Internationalen Olympischen Komitee versprochen, als sich Rio de Janeiro um die Sommerspiele 2016 bewarb. Damals war Havelange für Rio erfolgreich in die Bütt gegangen, und Lula rief den IOC-Mitgliedern zu: "In sieben Jahren feiern wir bei der olympischen Eröffnungszeremonie im João-Havelange-Stadion gemeinsam seinen 100. Geburtstag."

Havelange, Pelé, Texeira

Havelange, Pelé, Texeira

Sieben Jahre und gefühlte tausend Korruptionsfälle in Sport und (brasilianischer) Politik später sind weder Lula noch Havelange uneingeschränkt vorzeigbar. Das Olympiastadion von Rio de Janeiro, wo am 5. August die Sommerspiele eröffnet werden, trägt trotz aller Umbenennungsversuche zwar weiter den Namen Havelange. Doch zur von Lula versprochenen Sause wird es nicht kommen.

Den 100. Geburtstag feiert Havelange in kleinem Kreis. Joseph Blatter, den Havelange 1975 zur Fifa geholt hatte und der 1998 als Präsident seine Nachfolge antrat, fliegt lieber nicht nach Brasilien, aus Angst vor einer Verhaftung bereist Blatter nur noch sichere Destinationen wie Russland und Katar. Die Fifa entsandte den Blatter-Freund Walter Gagg und Havelanges ehemalige Sekretärin nach Rio.

Architekten eines globalen Korruptionssystems

Während der Sommerspiele werden zahlreiche Größen des Weltsports Havelange die Aufwartung machen, aber diskret. Man zeigt sich besser nicht öffentlich mit ihm. Havelange hat als Fifa-Präsident und IOC-Mitglied über Jahrzehnte nachweislich viele Millionen Dollar von der Marketingagentur ISL kassiert und war in etliche andere Affären verwickelt. Er zählte zu den Architekten jenes globalen Korruptionssystems, deren Aufarbeitung die Fifa erschütterte.

In Blatters kürzlich erschienenem biografischem Machwerk heißt es, Havelange habe "in finanziellen Belangen" den Grandseigneur gespielt. "Als Präsident wollte er abgesehen von Spesenentschädigungen nie für seine Arbeit bezahlt werden. Das Geld floss trotzdem - und nicht zu knapp." Vom Fifa-Partner ISL. Viel mehr Details werden über das Korruptionssystem in der geschichtsklitternden Blatter-Biografie nicht genannt. Dabei waren doch Havelange und Blatter auf vielfältige Weise mit dem ISL-Gründer und einstigen Adidas-Patron Horst Dassler verbandelt.

Fifa-Wahl 1998 - Blatter und Havelange

Fifa-Wahl 1998 - Blatter und Havelange

Havelange hatte 1974 bei seiner Wahl zum Fifa-Präsidenten einen Pakt mit Dassler geschlossen. Sie begannen mit der Vermarktung der Fußball-Weltmeisterschaften, wobei bis zur Jahrtausendwende die ISL-Gruppe die wichtigsten Verträge erhielt. Nachwuchs-Weltmeisterschaften wurden eingeführt und das WM-Turnier der Männer zunächst auf 24, dann auf 32 Mannschaften ausgeweitet. Havelange hielt sein Versprechen und etablierte ein erstes Entwicklungshilfeprogramm - für dessen Umsetzung er gemeinsam mit Dassler einen gewissen Sepp Blatter auswählte und zur Fifa holte.

Vier Jahrzehnte später stellt Blatter die Geschichte gern so dar, als habe er das Vermarktungssystem und die Entwicklungshilfe erfunden. Dabei hatte er zunächst nur die Aufträge von Havelange und Dassler ausgeführt.

Maßnahmen "überflüssig"

In der Schweiz hätten die Korruptionszahlungen der Agentur ISL, die Havelange als Fifa-Präsident praktisch wie Lohn empfing, durchaus zu einer langjährigen Freiheitsstrafe führen können. Doch 2010 schlossen Havelange und sein ehemaliger Schwiegersohn Ricardo Teixeira einen Deal mit der Staatsanwaltschaft, zahlten 5,5 Millionen Franken und blieben strafrechtlich unbelangt.

Aus dem IOC trat Havelange nach 48 Jahren Mitgliedschaft Ende 2011 zurück und wurde deshalb kein Thema für die hausinterne Ethikkommission. Die Ehrenpräsidentschaft der Fifa gab er im Frühjahr 2013 ab - daraufhin befand der deutsche Fifa-Ethikrichter Hans-Joachim Eckert, Maßnahmen gegen den Millionenbetrüger Havelange seien "überflüssig".

Die Fifa selbst hatte gegenüber der Schweizer Justiz schon 2004 ihr Desinteresse an einer Strafverfolgung erklärt. Der Präsident damals: Joseph Blatter.

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