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Streit in Kölner Szeneviertel: Buttersäure gegen Barlärm

lundi 2 mai 2016

Das Belgische Viertel in Köln ist unter Nachtschwärmern beliebt. Viele Anwohner stört jedoch der Lärm - und mancher greift zu rabiaten Mitteln. Kann die Stadt die Situation noch retten?

Barbetreiber Katarina Eilers und Florian Deubel
SPIEGEL ONLINE

Barbetreiber Katarina Eilers und Florian Deubel

Wenig Zeit? Am Textende gibt's eine Zusammenfassung.


Psychoterror. Selbstjustiz. Wutbürgertum. Katarina Eilers und Florian Deubel finden deutliche Worte, um das zu beschreiben, was ihnen in den vergangenen Monaten widerfahren ist. Die beiden betreiben die Frieda, eine kleine Bar in einem Kölner Szeneviertel, doch statt mit Kölschbestellungen müssen sie sich derzeit vor allem mit der Wut von Anwohnern beschäftigen.

Regelmäßig werde die Bar von außen mit Buttersäureampullen beworfen, berichten die Betreiber. "Der Gestank ist bestialisch." Mit Hackerangriffen werde immer wieder die Website der Bar attackiert. Gäste, die draußen standen, seien bereits beschimpft und mit Eiern, Böllern und Tomaten beworfen worden. Nun sei sogar mehrmals eine falsche Verkaufsanzeige für die Frieda ins Netz gestellt worden: 10.000 Euro für die Bar inklusive Mobiliar. Ein Anwalt ist längst eingeschaltet, mehrere Klagen laufen.

Wer hinter den Aktionen steckt, ist nicht bewiesen. Doch der Streit beschäftigt das Viertel seit Monaten: Die Bar sei zu laut, die Gäste, die vor dem Lokal rauchen und trinken, würden die Straße zumüllen, beschweren sich einige Anwohner. Ordnungsamt und Polizei sind Dauergast in der Frieda.

Die Betreiber tun nach eigener Aussage alles dafür, die Auflagen der Stadt zu erfüllen. "Wir haben einen Türsteher eingestellt, der die Lautstärke von Gästen vor der Tür regelt und verhindert, dass Getränke mit rausgenommen werden. Wir haben die Fenster abgedichtet, die Bässe rausgenommen, Boxen abgehangen, den Schallschutz verbessert. Tausende Euro hat das bisher gekostet." Weitere Maßnahmen seien geplant. "Die Lautstärke in unserer Bar können wir regeln", sagt Deubel, "aber wir können nicht jedem Einzelnen auf der Straße vorgeben, wie er sich zu verhalten hat. Das sind doch nicht einmal alles unsere Gäste."

Die Auseinandersetzung zwischen Anwohnern und den Betreibern der Frieda trifft in Köln einen Nerv. Das zentrale Belgische Viertel ist seit Jahren ein interessenpolitisches Schlachtfeld, auf dem um mehr gekämpft wird als nur um die Nachtruhe. Es geht um die Frage, was die Attraktivität eines Viertels ausmacht; um die Frage, wie stark öffentlicher Raum reguliert werden darf, und darum, wer mehr Rechte hat: Anwohner, Gastronomen oder Partygänger.

Es ist ein Konflikt, der in vielen Ballungsgebieten ausgetragen wird. Was macht die Lebensqualität in einer Großstadt aus - und wer entscheidet darüber?

Nachtschwärmer bevölkern den Platz

Wenig Verkehr, zahlreiche Altbauten, verhältnismäßig viel Grün: Tagsüber ist das Belgische Viertel in weiten Zügen eine Ruheoase. Boutiquen, Restaurants und Cafés machen die Gegend sowohl für Touristen als für Anwohner attraktiv, die Mieten sind dementsprechend hoch.

Vor rund elf Jahren entdeckten auch noch Nachtschwärmer die Ecke für sich. In Sommernächten versammeln sich seitdem regelmäßig Hunderte Menschen am Zentrum des Viertels, dem Brüsseler Platz. So mauserte sich das Belgische Viertel auch für junge Menschen, die sich den Quadratmeterpreis der umliegenden Wohnungen nicht leisten können, endgültig zum Szeneviertel.

Brüsseler Platz in Köln: Treffpunkt für Nachtschwärmer
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Brüsseler Platz in Köln: Treffpunkt für Nachtschwärmer

Die Nachtschwärmer wurden zum Ärgernis für die Anwohner am Brüsseler Platz. Schnell gingen Beschwerden bei der Stadt ein: Ruhestörung, Verschmutzung, Vandalismus. Erste Bürgerinitiativen formten sich, die Stadt griff ein: Platzverweise, erhöhte Polizeipräsenz, Ordnungsverfügungen für angrenzende Kioske, um den Alkoholfluss einzudämmen, Urinale, Hinweisschilder, Mediatoren, auf Deeskalation geschulte Ordnungshüter. Bis heute hat keine der Maßnahmen wirklich gegriffen.

Dafür wurden auf allen Seiten jede Menge Schuldige ausgemacht: Anwohner zeigen mit dem Finger auf Gastronomen und Ladenbesitzer, die Partygänger ins Viertel locken. Die Unternehmer fühlen sich fälschlich in die Verantwortung genommen und von der Stadt gegängelt. Die Nachtschwärmer wiederum fühlen sich von Ordnungshütern in ihren Rechten beschnitten.

Geht es nach Stadt und Anwohnern, soll ein Bebauungsplan den Streit im Belgischen Viertel endlich lösen. Mehrere Straßenzüge sollen in Wohngebiet umgewandelt, die gewerbliche Nutzung eingeschränkt werden. Unterm Strich heißt das: keine neuen Bars, keine neuen Kioske, keine neuen Büros. Schon jetzt, sagen Gastronomen, seien neue Ausschanklizenzen im Viertel kaum noch zu erhalten.

"Wie wollen alle dasselbe"

Die Kölner Gewerbetreibenden fühlen sich in die Ecke gedrängt. "Es geht um Existenzen. Was, wenn ich meinen Betrieb erweitern will? Was, wenn ich irgendwann verkaufen will?", fragt ein Betriebsinhaber aus dem Belgischen Viertel am Freitag bei einer Diskussionsrunde der IHK. Unterstützer des Bebauungsplans halten dagegen: Der Plan erhöhe die Lebensqualität im Viertel. Der Betreiber einer Bar unweit des Brüsseler Platzes versucht, die Wogen zu glätten: "Wir wollen alle dasselbe: ein entspanntes Nachtleben und ein vielfältiges Viertel. Auch wir haben nichts von Menschen, die nachts auf dem Platz trinken, das sind nicht unsere Kunden."

Frieda-Betreiber Katarina Eilers und Florian Deubel bezweifeln, dass ein Bebauungsplan dem Viertel hilft. Von den Problemen am Brüsseler Platz, der unweit ihrer Bar liegt, distanzieren sie sich; die Diskussion über Barbesucher vor der Tür sei eine andere.

"Wir brauchen eine Änderung im Nichtraucherschutzgesetz, damit die Leute, die in Bars gehen, nicht mehr draußen rauchen müssen. Das würde zumindest im Winter helfen", sagt Eilers. In Nordrhein-Westfalen gilt seit Jahren ein striktes Rauchverbot in Gastronomiebetrieben. Im Sommer, sagt Eilers, sei das Ganze jedoch eine andere Geschichte. "Die Menschen wollen raus. Das ist nun mal so, auch in der Stadt. Da können dann vielleicht mehr Ordnungskräfte etwas ausrichten." Tatsächlich will die Stadt die Präsenz des Ordnungsamtes im Viertel erhöhen. Uwe Kaven, Leiter des Kölner Gewerbeamtes, stellt aber klar: "Die Verantwortlichkeit des Gastronomen endet nicht an der Tür."
Die Bar Frieda in Köln
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Die Bar Frieda in Köln

Deubel hofft derweil auf Hilfe von anderer Stelle. Bauministerin Barbara Hendricks (SPD) will den neuen Baurechtstypen "Urbanes Gebiet" einführen, mit dem unter anderem Lärmschutzbedingungen aufgeweicht werden. "Vielleicht stärkt das auch die Gastronomen", sagt Deubel.

Im Bebauungsplan spielen die Überlegungen zum "Urbanen Gebiet" zunächst keine Rolle, sagt Christian Seibel, der Bauvorhaben für die Stadt Köln prüft. Dass die Pläne auf starken Widerstand stoßen, ist ihm bewusst. "Als Stadt sehen wir bei Diskussion solcher Pläne natürlich leider oft unsouverän aus. Aber wir prüfen nach geltendem Recht, nicht nach Emotionen."


Zusammengefasst: Im Belgischen Viertel in Köln fühlen sich Anwohner durch die zahlreichen Nachtschwärmer gestört. Mancherorts eskaliert der Streit: Die Bar Frieda wurde schon mit Buttersäureampullen beworfen. Die Stadt will den Streit rund um den beliebten Brüsseler Platz mit einem neuen Bebauungsplan lösen.

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