Haben die Behörden Informationen zu den Übergriffen in der Kölner Silvesternacht vertuscht? Diesen Vorwurf weist NRW-Innenminister Jäger zurück - und widerspricht damit einem Kriminalkommissar.
Weder die Polizei noch das Innenministerium in Nordrhein-Westfalen wussten Anfang Januar von der Dimension der Übergriffe in der Kölner Silvesternacht. Das hat NRW-Innenminister Ralf Jäger vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags gesagt. Der SPD-Politiker wies Vertuschungsvorwürfe der Opposition zurück. Diese seien "aus der Luft gegriffen."
"Ich bleibe dabei: Dieses Phänomen war im Vorfeld nicht vorhersehbar", sagte Jäger in einer Erklärung, die er zu Beginn der Ausschuss-Sitzung abgab. Er habe zwischen dem 1. und dem 3. Januar "keinerlei Kontakt" zu Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) oder Mitarbeitern der Staatskanzlei gehabt. Erst am 4. Januar sei der Umfang der Delikte aus der Kölner Silvesternacht durch eine Pressekonferenz des damaligen Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers bekannt geworden.Jäger wies auch Spekulationen zurück, im Innenministerium seien Polizeimeldungen manipuliert worden. Weder er noch das Lagezentrum der Landespolizei hätten in seinem Namen darauf gedrungen, sogenannte "WE-Meldungen" (WE: Wichtiges Ereignis) zu ändern, sagte Jäger.
Das steht im Widerspruch zur Aussage eines Kölner Kriminalkommissars vor einer Woche. Demnach wollte ein Beamter des Lagezentrums - angeblich auf Wunsch des Innenministeriums - den Begriff Vergewaltigung aus einer WE-Meldung streichen lassen. Die Meldung sei nicht verändert worden, und dafür hätte es auch keinen Grund gegeben, sagte Jäger. "Der Vorwurf der Vertuschung ist aus der Luft gegriffen."
In der Silvesternacht waren Hunderte Frauen am Kölner Hauptbahnhof von ausländischen Männergruppen drangsaliert, beraubt und belästigt worden - auch Vergewaltigungen wurden angezeigt. Ein großer Teil der Beschuldigten ist nach Erkenntnissen der Ermittler nordafrikanischer Herkunft, die Strafverfolgung gestaltet sich schwierig. Die Vorkommnisse lösten eine bundesweite Debatte über den Umgang mit straffälligen Flüchtlingen aus.
Die Vielzahl der Sexualstraftaten und Diebstähle am Silvesterabend in Köln waren erst mit tagelanger Verspätung öffentlich bekannt geworden. Zusätzliche Irritationen brachte eine Pressemitteilung der Kölner Polizei vom Neujahrstag, in der fälschlicherweise von einem weitgehend friedlichen Verlauf der Silvesterfeiern an Dom und Hauptbahnhof die Rede war.