Ex-Parteichefin Warsi: Prominente Brexit-Aktivistin wechselt das Lager

dimanche 19 juin 2016

Baroness Warsi bei der Trauerfeier für Jo Cox

Baroness Warsi bei der Trauerfeier für Jo Cox

Die Kampagne für einen britischen EU-Austritt strauchelt. Führende Konservative hadern mit rassistischen Untertönen im Wahlkampf.

Im Kampagnen-Lager der Brexit-Befürworter tun sich wenige Tage vor der Volksabstimmung größere Risse auf: Eine der prominentesten Brexit-Aktivistinnen hat die Seiten gewechselt. Begründung: Zu den Vorkämpfern für einen Ausstieg Großbritanniens aus der EU gehörten mittlerweile vor allem nationalkonservative Kräfte.

Wegen der oft fremdenfeindlicher Rhetorik der Brexit-Kampagne warf die frühere Vorsitzende der Konservativen Partei von Premier David Cameron, Sayeeda Warsi, den Befürwortern eines EU-Austritts vor, sie hätten die Grenzen des Anstands überschritten.

Den letzten Ausschlag für ihre Entscheidung habe ein Plakat gegeben, so Warsi. Es zeigte lange Schlangen von Flüchtlingen auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise an der österreichischen Grenze und den Slogan "Breaking Point" (Bruchstelle), ergänzt mit dem Satz "the EU has failed us all". Das Poster sei für sie der persönliche "Breaking Point" mit der Kampagne der EU-Gegner gewesen.

"Wollen wir wirklich Lügen erzählen und Hass und Fremdenfeindlichkeit verbreiten, nur um eine Kampagne zu gewinnen?", fragte die pakistanischstämmige Politikerin in einem Interview mit der "Times".

Entsetzen über Ukip-Plakat

Kleben ließ das umstrittene Poster die euroskeptische Ukip-Partei des rechtskonservative Nigel Farage. Finanzminister George Osborne sagte, es erinnere an "extremistische Literatur aus den Dreißigerjahren". Michael Gove, Chef der Brexit-Kampagne, sagte am Sonntag, das Plakat lasse ihn "erschaudern".

Jüngste Umfragen vom Wochenende deuten derzeit auf einen leichten Vorsprung des Stay-Lagers hin - und Rechtspopulist Farage stellte das in Zusammenhang mit der Ermordung der Labour-Abgeordnete Jo Cox am vergangenen Donnerstag.

Ukip-Chef Nigel Farage

Ukip-Chef Nigel Farage

Die Brexit-Kampagne habe durch den Mord an Dynamik eingebüßt, sagte der Ukip-Chef in einer Talkshow. Das Stay-Lager habe aufgeholt, weil der Wahlkampf ausgesetzt worden sei, so Farage. Über das Wochenende hatten britische Politiker aus Respekt vor Cox kurzzeitig auf alle Kampagnenarbeit verzichtet.

Cameron: Bin eher Churchill als Chamberlain

In der dritten TV-Debatte zum Brexit mit Premier Cameron am Sonntagabend war der Mord an Cox ebenfalls kurz Thema. Ein Zuschauer fragte Cameron, ob das EU-Referendum - angesichts des Mords an Jo Cox - die Debattenkultur in Großbritannien vergiftet habe? Cameron ging darauf nicht ein, nutzte die Frage aber zu einem Appell für Toleranz.

Auch auf mehrere Fragen zum Thema Migration antwortete der Premier ausweichend und so wie meist: Ein EU-Austritt würde der britischen Wirtschaft schaden. Auf den Vorwurf eines Zuschauers, Cameron betreibe gegenüber der EU eine lasche Politik des Appeasements wie einst Neville Chamberlain gegenüber Nazi-Deutschland, antwortete Cameron, er sehe sich eher in der Tradition von Chamberlains Nachfolger Winston Churchill. Der habe Hitler bekämpft - und zwar "gemeinsam mit Franzosen, Polen und anderen".

Mit Stanley Johnson erneuerte außerdem ein prominenter Konservativer seine proeuropäische Haltung: Der frühere Europaparlamentarier und Vaters des Brexit-Befürworters Boris Johnson sprach sich in der "Bild"-Zeitung gegen einen Ausstieg aus der EU aus.

"Boris sagt, wir müssen die EU verlassen, um die Kontrolle über unser Land wieder zu bekommen. Ich sehe es genau umgekehrt: Wir müssen in der EU bleiben, um weiter die Kontrolle zu haben", so Johnson.

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