Soheila Ariamehr floh 1990 in die Bundesrepublik und ist seit Jahren deutsche Staatsbürgerin. Heiraten kann sie trotzdem nicht. Ihr Fall zeigt, wie wenig die Bürokratie sich mit Flüchtlingsschicksalen verträgt.
Weniger romantisch könnte der Ort für eine so innige Umarmung wohl kaum sein. Ein aschgrauer Betonklotz thront im Zentrum von Gaggenau. Vor dem Gebäude spazieren Menschen mit grauen Mänteln und Haaren, darüber hängt ein milchiges Wolkendach, darunter umschlingt ein hochgewachsener Mann mit Bürstenschnitt seine schwarzhaarige Begleiterin. Die beiden lachen wie frisch verliebte Teenager.
Den Betonklotz wollten sie eigentlich schon vor Jahren als Brautleute verlassen. Aber Soheila Ariamehr, deren richtiger Name nicht öffentlich werden soll, kann ihren Verlobten nicht heiraten.Ariamehr liebt Gerd Castrischer über alles. Dennoch ist ihre Geschichte die Geschichte zweier Beziehungskrisen. Mit Staaten: Die erste Beziehung, die zu ihrem Heimatland Iran, scheiterte in den Achtzigerjahren und endete mit ihrer Flucht nach Deutschland. Dort baute sich Ariamehr ein neues Leben auf, erhielt die deutsche Staatsbürgerschaft, verliebte sich - und kann nun trotzdem nicht die Ehefrau ihres deutschen Partners werden.
Diese zweite Beziehungskrise begann mit der Liebe zu Gerd Castrischer. In einer Kurklinik im hessischen Bad Nauheim lernt die 55-Jährige im April 2010 den vier Jahre jüngeren Chemiker kennen. Binnen weniger Tage verlieben sich die beiden ineinander, nach eineinhalb Wochen schlägt Castrischer einen gemeinsamen Besuch bei seinen Eltern vor, im Juni verlobt sich das Paar. Sie planen die Hochzeit für den 12. Dezember 2012 in Ariamehrs Wohnort Gaggenau, einer langgestreckten Ansammlung niedriger Giebelhäuschen zwischen Karlsruhe und Straßburg.
Dort sitzt das Paar an einem Frühlingstag 2016 auf der Couch im gemeinsamen Wohnzimmer: sie, eine zierliche Dame mit knallgelbem Halstuch, Glitzerschmuck und glühendem Temperament; er, ein glattrasierter Hemdträger mit randloser Akademikerbrille und dezentem Lächeln. Er bezeichnet sich selbst als "eher ruhiger Gegenpol". Sie redet, er lächelt.
Der 12. Dezember 2012 kam, die Trauung blieb aus. "Uns wurden immer wieder Steine in den Weg gelegt", sagt Ariamehr. Die Hausfrau setzt den Blick einer Widerstandskämpferin auf, fuchtelt hektisch mit den Armen. Das Standesamt, sagt sie, habe für die Trauung iranische Dokumente verlangt, die sie auf ihrer Flucht aber in der Heimat gelassen hatte. Sie müsste also bei jener Regierung Ersatzpapiere anfordern, vor der sie einst floh und mit der sie nie wieder zu tun haben will.
Zum Bruch mit Iran kam es schon früh. Im Januar 1978 kommt es zu blutigen Zusammenstößen im ganzen Land, nach einem Jahr mit Tausenden Toten putscht die Revolution den ungeliebten Schah aus dem Amt - und installiert einen autoritären Gottesstaat.
'); currentAssetId = 107801; } ADI.reload(pos); }
0 commentaires:
Enregistrer un commentaire