Terror-Angst: Trump instrumentalisiert Orlando-Massaker für seinen Wahlkampf

dimanche 12 juin 2016

Donald Trump

Donald Trump

US-Milliardär Trump will sich nach dem Massaker in Florida als starker Mann im Kampf gegen den Terrorismus präsentieren - und macht erneut Stimmung gegen Muslime.

Wenig Zeit? Am Textende gibt's eine Zusammenfassung.


Die Bühne ist vorbereitet. Am St. Anselm's College in New Hampshire will US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump heute eine große Rede halten. Besonders ausführlich will sich Trump dabei mit dem Anschlag von Orlando beschäftigen.

Einen Vorgeschmack auf seine Rede gibt Trump bereits bei Twitter: Seit klar ist, dass der Angreifer Omar M. afghanischer Abstammung ist, wettert er dort gegen den angeblich zu weichen Kurs von US-Präsident Barack Obama und seiner Konkurrentin Hillary Clinton im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus. "Was in Orlando passiert ist, ist erst der Anfang. Unsere Führung ist schwach und ineffektiv." Nur einer könne Amerika noch vor dem radikalen Islam retten, macht er deutlich. Und das sei natürlich er.

Typisch Trump: Die meisten Opfer sind noch nicht einmal identifiziert, etliche Fragen sind noch ungeklärt, da weidet er das Verbrechen bereits für seine politischen Zwecke aus. Während es nach Ereignissen dieser Art in den USA sonst üblich ist, das parteipolitische Gezänk aus Gründen der Pietät wenigstens für einige Zeit einzustellen, geht Trump kurzerhand in die Offensive. Mit Macht will er den Anschlag von Orlando zum neuen beherrschenden Thema des US-Wahlkampfs machen.

Wenige Monate vor der Schicksalswahl im November verhandelt Amerika so wieder einmal die schwierigen Fragen, die das Land seit Jahren beschäftigen - und spalten. Gibt es gegen islamistischen Terrorismus ausreichend Schutz? Müssen die Anti-Waffengesetze verschärft werden? Und muss sich Amerikas Militär nicht viel stärker im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) im Nahen Osten engagieren?

Trump und die Schlange

Ginge es nach Trump, wäre die Antwort einfach: Er würde am liebsten gar keine Muslime mehr ins Land lassen. Schon seit dem Beginn seiner Wahlkampagne macht der US-Milliardär gezielt gegen die Minderheit Stimmung. Zwar spricht er immer vom "radikalen Islam", den er als Präsident bekämpfe wolle. Zugleich tut er aber so, als stellten Muslime generell eine Gefahr für Amerika dar. In seiner ersten Reaktion auf den Anschlag von Orlando warf er Clinton vor, sie wolle den Zuzug von Migranten aus dem Nahen Osten massiv ausweiten - und damit gleichsam eine neue Generation von Terroristen ins Land holen.

Video: Schüsse in Nachtklub - Bürgermeister spricht von 50 Toten

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Die Warnung vor der "Masseneinwanderung" von Muslimen gehört zum Standard-Repertoire jeder Trump-Rede. Etwas umständlich holt er dann ein Papier aus der Jackentasche und verliest das Gedicht "The Snake", in dem eine nette, alte Dame einer kranken Schlange hilft, von der sie dann tödlich gebissen wird. Es ist klar: Die arglose Dame soll Amerika sein, die Schlange steht für die Muslime - Trumps Fans johlen an dieser Stelle meist begeistert auf.

Bereits nach den Anschlägen in San Bernardino, Kalifornien, bei dem ein radikalisiertes Ehepaar im vergangenen Dezember 14 Menschen tötete, forderte Trump einen Einreisestopp für Muslime, "bis wir wissen, was los ist". Zwischenzeitlich relativierte er diese Position zwar, sprach davon, dies seien nur "Vorschläge". Doch nun feiert er sich selbst für seine harte Haltung von damals - und bringt so den Einreisestopp indirekt wieder ins Spiel. Er wolle keine Glückwünsche für seine Weitsicht, erklärt Trump ungewohnt bescheiden. Er wolle nur "Härte und Wachsamkeit".

In seinen außenpolitischen Reden tritt Trump zugleich für ein massives militärisches Eingreifen im Kampf gegen den IS ein - ohne jedoch zu erläutern, mit welcher Strategie er dabei vorgehen würde. Sein Standard-Satz zu diesem Thema lautet lediglich: "Ich würde den IS zur Hölle bomben."

Aber Trump muss auch aufpassen: Vor allem seine plumpe Demagogie gegen Minderheiten hat ihm in den vergangenen Wochen viel Widerstand aus der eigenen Partei eingebracht. Überzieht er jetzt nach dem Orlando-Attentat erneut, könnte das die Kritik an seiner Wahlkampagne im republikanischen Establishment weiter anfachen.

Gleichwohl trifft Trumps Angstkampagne einen Nerv bei etlichen Wählern: Umfragen zeigen, dass für viele US-Bürger die Furcht vor Terroranschlägen eines der drängendsten Probleme ist. Regelmäßig gibt eine Mehrheit der Wähler an, sehr besorgt zu sein, dass sie selbst oder ein Familienangehöriger bald Opfer eines Anschlags werden könnte.

Trumps Rivalin Clinton hält dagegen. Sie setzt darauf, dass viele US-Bürger Trumps Wahlkampfmanöver durchschauen - und gibt sich präsidial. Statt sofort scharf auf Trump zu reagieren, stellte sie nach den Anschlägen zunächst das Gedenken an die Toten in den Vordergrund und mahnte die Amerikaner zur Besonnenheit.

Doch es ist Wahlkampf - und deshalb bastelt auch Clintons Team bereits an einer neuen Rede zur nationalen Sicherheit. Darin sollen Trumps Attacken pariert werden, zugleich will Clinton einen eigenen Anti-Terror-Plan vorstellen. Sie hat seit ihrem Sieg bei den Vorwahlen in der vergangenen Woche eigentliche einen guten Lauf. Sie will jetzt auf keinen Fall in die Defensive geraten.

Mit Unterstützung von Noch-Präsident Barack Obama dürfte Clinton vor allem versuchen, die öffentliche Debatte auf Amerikas lasche Waffengesetze zu lenken. Seit Jahren kämpfen Obama und Clinton für schärfere Kontrollen beim Verkauf von automatischen Gewehren, wie sie von den Attentätern in San Bernardino und nun auch vom Schützen in Orlando benutzt wurden, bislang ohne Erfolg. Als Präsidentin könnte sie bei dem Thema einen neuen Anlauf nehmen.

Clintons Ziel: "Wir müssen alles tun, damit diese Waffen nicht mehr in die Hände von Terroristen und anderen Gewalttätern geraten."


Zusammengefasst: Omar M. hat in Orlando mindestens 50 Menschen erschossen. Er ist zwar US-Bürger, hat aber afghanische Wurzeln - deshalb nutzt US-Republikaner Donald Trump das Massaker, um im Wahlkampf erneut Stimmung gegen Muslime zu machen. Seine Rivalin Hillary Clinton gibt sich präsidialer, aber auch sie bereitet eine neue Rede zur nationalen Sicherheit vor. Sie setzt sich seit langem gemeinsam mit Barack Obama für schärfere Waffengesetze ein.

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