US-Nationaltrainer bei der Copa América: Amerika beäugt Klinsmann

vendredi 3 juin 2016

Klinsmann bei der Copa América: Jetzt hilft nur noch ein Sommermärchen
Getty Images

Kurz vor der Copa América wächst der Unmut über US-Trainer Jürgen Klinsmann. Die Bilanz nach fünf Jahren im Amt ist durchwachsen. Hat sich der Deutsche zu hohe Ziele gesetzt?

Jürgen Klinsmann redet nicht lange drumherum. Wenn es um die Copa América Centenario geht, greift der US-Nationaltrainer zum Superlativ. "Das Turnier ist ein Geschenk Gottes für uns", sagt der 51-Jährige im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Die Austragung dieses Wettbewerbs durch die USA sei "gewaltig", so Klinsmann, der amerikanische Fußball-Verband habe die Chance, der Welt zu zeigen, dass man bereit sei, "irgendwann mal wieder die Weltmeisterschaft auszutragen."

Klinsmann ist seit Sommer 2011 im Amt, und damit fast doppelt so lange wie bei seinen vorherigen Stationen als Bundestrainer und Coach von Bayern München zusammen. Doch wofür steht das Klinsmann-Kapitel beim amerikanischen Fußball-Verband? Erfolg? Enttäuschung? Irgendwas dazwischen?

Die heute beginnende Copa América könnte Antworten geben. 32 Spiele, 16 Nationen, zehn Städte - Klinsmann spricht vom "wichtigsten Turnier in den USA seit der WM 1994". Damals stürmte er noch neben Rudi Völler für Deutschland. Obwohl es keine professionelle Soccer-Liga gab, wurde mit einem Schnitt von knapp 67.000 Zuschauern pro Partie die bis heute gültige Bestmarke aufgestellt.

Alles, was in Amerika berühmt ist

Mittlerweile hat sich Fußball in Amerika etabliert. Die Major League Soccer ist in ihrer 21. Saison, die Spiele der Europäischen Topligen werden im US-Fernsehen übertragen, Stars wie Lionel Messi, Luis Suárez oder auch Chicharito sind bekannt. Außer Brasiliens Neymar wird in den kommenden drei Wochen so ziemlich alles zwischen New York und Los Angeles auf dem Platz stehen, was in Nord-, Mittel- und Südamerika berühmt ist. Und was zeigen die US-Boys?

Als Klinsmann das Amt des Nationaltrainers übernahm, sprach er davon, einen "amerikanischen Fußballstil" entwickeln zu wollen. "Proaktiv" war das Wort, das immer wieder von ihm zu hören war. Irgendwann, so Klinsmann, solle sein Team gegen die Top-Nationen nicht mehr nur verteidigen, sondern mitspielen. Auch daran wolle er sich messen lassen - und nicht nur an Siegen oder Niederlagen. Sunil Gulati hörte angetan zu. Der Präsident des US-Fußball-Verbandes hatte Klinsmann mit der Vertragsunterschrift so viel Macht, Einfluss, Geld und Ressourcen zugesichert wie niemandem zuvor. "Jürgen ist dafür bekannt, bis an die Grenzen zu gehen - das macht ihn so interessant", sagte Gulati.

"Schmeißt Klinsmann raus"

Fast fünf Jahre später sieht er sich mit kritischen Fragen zu Klinsmann konfrontiert. Die Euphorie ist längst der Realität gewichen. Die Mannschaft 2016 ist nicht besser als die von 2011. Viele Spieler, die damals bereits Ende 20 waren, wie Jermaine Jones, Clint Dempsey, Kyle Beckermann oder Chris Wondolowski, gehören immer noch zum Stammkader, weil nicht genug Talente nachrücken. Akteure wie der 17-Jährige Christian Pulisic von Borussia Dortmund oder John Anthony Brooks (Hertha BSC) und Bobby Wood (künftig HSV, beide 23) sind Ausnahmen.

Als nach einer 0:2-Niederlage in Guatemala im März sogar die Qualifikation zur WM 2018 in Gefahr war, kreiste vor dem Rückspiel ein Flugzeug mit einem Banner "Schmeißt Klinsmann raus" über dem Stadion. Er verstehe die Kritik, sagt der Deutsche. 2014 sei die Stimmung durch das Erreichen des WM-Achtelfinals gut gewesen, im Jahr danach war dann die Enttäuschung nach Platz vier beim heimischen Gold Cup groß. Dennoch glaube er, so Klinsmann, dass "die Entwicklung im Großen und Ganzen positiv ist".

Er möchte bei der Copa sehen, dass seine Spieler sich Selbstvertrauen holen. Denn in zwei Jahren in Russland, da wolle man dann "schon gerne einen weiteren Schritt in unserer Entwicklung gehen", sagt Klinsmann. "Aus dem Achtelfinale mal ein Viertelfinale und vielleicht mal ein Halbfinale machen." Sich selbst sieht er "mitten drin in diesem Reifeprozess". Er wählt den Begriff "Lokomotivführer", um seine Rolle zu beschreiben.

Klinsmann will ins Halbfinale der Copa América kommen. Gulati hatte dies mit den Worten kommentiert, dass es immer so eine seltsame Sache sei zwischen realistischen Zielen und erwartunsvollen Zielen. Was er damit genau meinte, ließ er offen. Verständlicher war da schon sein nächster Satz. "Ich denke, die Zuschauerzahlen werden sehr groß sein - unabhängig vom Abschneiden der USA."

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