Anschlag in Brüssel: Befehl zur Metro-Stilllegung ging auf privates Mail-Konto

mercredi 11 mai 2016

U-Bahn-Station Maelbeek nach dem Anschlag am 22. März
SPIEGEL ONLINE

U-Bahn-Station Maelbeek nach dem Anschlag am 22. März

Während der Terroranschläge in Brüssel kam es zu einer bisher unbekannten Panne: Der Chef der Bahnpolizei erhielt kurz vor der Explosion der U-Bahn-Bombe eine Warnung - an sein privates E-Mail-Konto.

Die Liste bekannter Pannen belgischer Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit den Anschlägen von Brüssel ist erneut länger geworden. Wie belgische Zeitungen berichten, hat der Chef der Brüsseler Bahnpolizei kurz vor der Explosion der Bombe in der U-Bahn eine E-Mail mit der Anweisung bekommen, das Metro-System stillzulegen. Allerdings sei das Schreiben an sein privates Konto gegangen, weshalb er es lange nicht bemerkt habe, sagte Jo Decuyper vor dem Untersuchungsausschuss des belgischen Parlaments.

Der schwache Trost: Selbst bei einem sofortigen Abruf der E-Mail hätte er keine Chance mehr zum Eingreifen gehabt, sagte Decuyper. Das Schreiben aus der Polizeizentrale sei am 22. März um 9.07 Uhr eingegangen - nur vier Minuten, bevor die Bombe in der Metro-Station Maelbeek explodierte.

"Selbst wenn ich einen Knopf hätte, mit dem ich alles sofort stilllegen und evakuieren könnte, wäre das unvermeidbar gewesen", sagte Decuyper laut einem Bericht der Zeitung "De Standaard". Die Stilllegung des gesamten U-Bahn-Netzes dauere mindestens 30 Minuten.

Bei dem islamistischen Anschlag auf die Metro kamen neben dem Attentäter 20 weitere Menschen ums Leben. Offen blieb, warum Decuyper die Anweisung erst um 9.07 Uhr erhielt - mehr als eine Stunde, nachdem zwei Selbstmordattentäter am Flughafen in Zaventem zwölf Menschen in den Tot gerissen hatten. Laut den Informationen, die Decuyper nach eigenen Angaben erhalten hat, sei das Nahverkehrsunternehmen STIB um 8.20 Uhr über den Anschlag informiert worden.

Die Entscheidung über eine Evakuierung des gesamten U-Bahn-Netzes sei allerdings schwierig, sagte Decuyper. Auch bei den Anschlägen von Paris 2015, bei denen im Januar 16, im November 130 Menschen ermordet wurden, habe es einen solchen Schritt nicht gegeben.

Die falsch adressierte E-Mail ist nicht die einzige Panne, die den Sicherheitsbehörden und der belgischen Politik unterlief. Schon nach den Anschlägen in Paris gab es harsche Kritik, als sich herausstellte, dass die Planung zu großen Teilen im Brüsseler Stadtteil Molenbeek stattgefunden hatte. Später wurde bekannt, dass die Fahnder die maßgeblich beteiligten Abdeslam-Brüder schon länger im Visier hatten - aber aus Ressourcengründen nicht besser überwachen konnten.

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