Die verwahrloste Zeltstadt von Idomeni wird geräumt - für die Flüchtlinge wird jetzt alles besser, verspricht die griechische Regierung. Doch dann betreten die Menschen das neue Auffanglager.
"Dieses beschissene Camp soll besser sein als Idomeni? Wirklich?" Ahmed traut seinen Augen nicht. Er blickt auf das heruntergekommene Gebäude, das früher eine Lederfabrik war und jetzt als Auffanglager im Industriegebiet von Thessaloniki dient.
Mit vielen anderen Flüchtlingen ist Ahmed aus dem provisorischen Camp von Idomeni eine Stunde hierhergefahren worden. Idomeni wird geräumt, jetzt sind sie also hier, in einer der vielen Industriebaracken der Gegend.Die Ruinen symbolisieren den wirtschaftlichen Abschwung des Landes. Und jetzt stehen sie auch für die andere große Krise Griechenlands.
Die staatliche Einrichtung ist sehr weit von dem entfernt, was die griechische Regierung versprochen hatte. Eine Reihe von Zelten auf dreckigem Boden, darüber ein Dach. Hastig eröffnet am vergangenen Samstag, um einen Teil der 8500 Menschen aus Idomeni aufzunehmen.
"Hier ist es zumindest trocken", sagt ein freiwilliger Helfer. Wenn in Idomeni Regen fiel, weichte der Erdboden auf, das Lager versank im Schlamm. Schwangere mussten in nassen Zelten schlafen, alte Menschen stundenlang für eine warme Mahlzeit anstehen. Und Gewalt wurde für die Bewohner in der Barackenstadt zu etwas Alltäglichem. Nicht selten brachen am helllichten Tag Kämpfe zwischen Flüchtlingen verschiedener Ethnien aus, die manchmal mit Eisenstangen bewaffnet aufeinander losgingen.
In dem offiziellen Auffanglager, in dem Ahmed nun steht, liefern Militärfahrzeuge Essensrationen an und übergeben sie den Organisatoren des Camps. Aber für manche Flüchtlinge sind Trockenheit und bessere Hygiene nicht alles. Trotz Elend und Gefahren - das Zeltlager war offen, befand sich in einer sonst schönen Landschaft. "Man konnte dort viel machen, um die Zeit zu vertreiben, während man wartet und wartet und wartet", sagt Ahmed.
Genau das ist das Problem: Die neue Einrichtung hat wenig zu bieten, um die Zeit zu vertreiben. Beengt fühlt es sich in dem Gebäude an. 700 Menschen sollen hier wohnen. Nur ein kleines Stück Grün gibt es draußen. Man kommt nicht leicht nach Thessaloniki, wo die Flüchtlinge theoretisch hingehen dürfen.Bei der Ankunft weigerte sich Ahmed, die alte Fabrik überhaupt zu betreten. Wie viele andere Flüchtlinge, die mit Bussen hierher transportiert wurden, bat er die Polizei sofort, ihn in eine andere Unterkunft zu bringen. "Heute bleibt ihr hier. Wir werden eure Anfragen morgen bearbeiten", habe ihm der Verantwortliche gesagt.
Diese verlassene Fabrik bietet immerhin etwas sehr Wichtiges, das Idomeni - dieses inoffizielle, provisorische Zeltlager im Grenzgebiet - nicht hatte. In den staatlichen Einrichtungen werden Migranten und Flüchtlinge registriert, sie können Asylanträge stellen. Zwar ist das Asylsystem behäbig, die Verteilung von Flüchtlingen kommt nur langsam voran. Idomeni zu verlassen aber bedeutet trotz allem, dass die Menschen eine bessere - und sichere - Chance haben, ihren Traum zu erfüllen: wirklich in Europa anzukommen.
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