Arbeitsmarkt: So viele freie Lehrstellen gab es seit 20 Jahren nicht

mercredi 27 avril 2016

Lehrling

Immer weniger junge Leute machen eine Ausbildung, obwohl das Angebot an Lehrstellen steigt - die Plätze bleiben also unbesetzt. Was läuft da schief?

Das Gefühl, verzweifelt zu suchen, kennen beide Seiten: Schulabgänger, die keinen Ausbildungsplatz finden. Und Betriebe, die keine Lehrlinge finden. Tatsächlich klafft auf beiden Seiten eine Lücke.

Das zeigt der Berufsbildungsbericht 2016, den das Kabinett am Mittwoch verabschiedet hat und der die Lage der dualen Ausbildung in Betrieben und Berufsschulen analysiert.

Der Report zeigt: Es werden immer weniger Lehrverträge in Deutschland abgeschlossen. Die Zahl der neu abgeschlossenen Lehrverträge mit Stichtag 30. September (Ende des Ausbildungsjahres) sank im Vergleich zu 2014 erneut leicht auf gut 522.000 (minus 0,2 Prozent).

Das Statistische Bundesamt hatte kürzlich ebenfalls ein Rekordtief gemeldet - gleicher Trend, leicht abweichende Zahlen: Demnach starteten in Deutschland noch nie so wenige Menschen in eine duale Ausbildung wie 2015 - mit 516.000 waren es noch einmal 0,4 Prozent weniger als im Jahr davor (Stichtag 31. Dezember).

Gleichzeitig waren bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) rund 520.000 Ausbildungsplätze gemeldet - das sind 8400 oder 1,6 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Das heißt: Viele Lehrstellen blieben unbesetzt - mit rund 41.000 (plus 10,4 Prozent) wurde hier der höchste Stand seit 1996 verzeichnet. Die Zahl derjenigen, die keinen Ausbildungsplatz bekommen haben, sank im vorigen Jahr leicht auf rund 20.700 (minus 0,8 Prozent).

Das heißt: Angebot und Nachfrage passen häufig nicht zusammen.

Betriebe haben Probleme, ihre freien Stellen mit passenden Bewerbern zu besetzen. Zudem hängen die Chancen für Bewerber auch von ihrem Wohnort ab: "Bewerber in Bayern und Baden-Württemberg haben es tendenziell sehr gut, da gibt es mehr freie Plätze als Bewerber", sagt Andreas Pieper vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn. Deutlich schwieriger sei die Situation dagegen in Mecklenburg-Vorpommern und im Ruhrgebiet.

Probleme haben auch Jugendliche mit einem schlechten Hauptschulabschluss oder ohne Schulabschluss. "Nicht ausbildungsreif" lautet ein häufiger Vorwurf. Für Jugendliche ist das frustrierend. Pieper rät, sich früh im Rahmen von Praktika einen Eindruck zu verschaffen, wie man im Berufsleben zurechtkommt.

Hinzu kommt: Nicht nur die Zahl der Studienanfänger ist gestiegen, es gehen auch mehr junge Menschen mit "Hochschulzugangsberechtigung" in eine Lehre. Der Anteil der Studienberechtigten mit neuem Ausbildungsvertrag stieg in den vergangenen Jahren von 20,3 Prozent (2009) auf 26,2 Prozent (2014).

Schlechte Chancen auf dem Ausbildungsmarkt haben weiterhin auch ausländische Jugendliche: Laut Bericht beginnt nicht einmal jeder dritte von ihnen eine Lehre. Auch hätten junge Menschen mit Migrationshintergrund mehr Probleme als andere, so Pieper.

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) will angesichts des Lehrlingsmangels in manchen Berufen auch auf die Ausbildung junger Flüchtlinge setzen. Diejenigen, die interessiert seien, sollten so qualifiziert werden, dass sie in die Ausbildung gehen könnten, sagte Wanka am Mittwoch im Südwestrundfunk.

Der DGB kritisiert unterdessen die Arbeitsbedingungen in einigen Branchen: "Der Azubi-Mangel in einigen Branchen ist hausgemacht. Dies betrifft vor allem die Hotel- und Gastronomiebranche sowie einige Handwerksberufe. Wenn junge Menschen als billige Arbeitskräfte ausgenutzt werden, bewerben sie sich in diesen Unternehmen nicht mehr."

Wer in diesem Jahr eine Lehrstelle sucht, hat nach Einschätzung von Experten jedoch gute Chancen. "Die Lage am Ausbildungsmarkt ist für Jugendliche voraussichtlich sehr gut", sagte Andreas Pieper vom BIBB. Der Grund dafür sei unter anderem, dass die Zahl der Schulabgänger im Vergleich zu den Vorjahren leicht sinken werde. Das bedeutet: Es konkurrieren weniger Bewerber um die vorhandenen Stellen.

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