Sieben Königslande: So viel Wirtschaft steckt in Game of Thrones

mercredi 27 avril 2016

Szene aus Game of Thrones

Szene aus Game of Thrones

Die Erfolgsserie Game of Thrones gilt als heimlicher Polit-Thriller. Doch wer genau hinsieht, entdeckt erstaunliche Parallelen zur Welt der Ökonomie.

Fans der Fernsehserie Game of Thrones, deren sechste Staffel seit Sonntag zu sehen ist, haben stets behauptet, dass es sich bei der Fantasy-Saga in Wahrheit um einen Polit-Thriller handelt. Serie wie Romanvorlage, die auf Deutsch unter dem Titel "Das Lied von Eis und Feuer" erschienen ist, schildert Schicksale und Begebenheiten in den Sieben Königslanden, einer Föderation, die zunehmend inneren wie äußeren Bedrohungen ausgesetzt ist und von Sezessionskriegen heimgesucht wird.

Neben jeder Menge detailversessen dargestelltem Mord und Totschlag sowie hingebungsvoll inszeniertem Sex aller Art bietet das Epos auch allerfeinste politische Ränkespiele. Ausgefochten werden die in der Reichshauptstadt Königsmund von Charakteren mit geradezu shakespearehaftem Zuschnitt. Kein Wunder, dass der ranghöchste Politjunkie des Globus, US-Präsident Barack Obama, seine Beziehungen spielen ließ, um die neuen Folgen vor der Erstausstrahlung schon einmal vorab sehen zu können.

Doch auch ökonomisch interessierte Zuschauer kommen bei "Game of Thrones" auf ihre Kosten. Die Geschichte spielt in einer Welt, in der sich Sommer und Winter zu unbestimmbarer Länge ausdehnen. Phasen von jahrelanger Wärme, Blütenpracht und reicher Ernte lösen sich ab mit Perioden anhaltender Kälte und damit einhergehenden Entbehrungen. Zu allem sonstigen Unglück neigt sich zu Beginn der Erzählung ein ungewohnt langer Sommer seinem Ende zu. "Der Winter naht", ist deshalb eine häufig zitierte Mahnung, die sich durch die Folgen zieht. Und stets wird offenbar, wie unzulänglich sich die Menschen der Sieben Königslande auf den anstehenden Wechsel vorbereitet haben.

Allegorien und Parallelen

Das unberechenbare Auf und Ab des Klimas lässt sich wunderbar lesen als Allegorie auf den Konjunkturzyklus. Wie die Jahreszeiten in der Serie fallen auch Aufschwünge und Abschwünge in der Wirtschaft unterschiedlich lang aus. Niemand weiß genau vorauszusagen, wann der eine beginnt, der andere aufhört. Nach jahrelangem Wachstum gehen auch die Bevölkerungen westlicher Volkswirtschaften derzeit unbeschwert dem nächsten Abschwung entgegen. Anstatt sich auf die kommenden Herausforderungen einzustellen und die nötigen Vorkehrungen, vielleicht sogar Abwehrmaßnahmen zu ergreifen, verstricken sich die Politiker in Berlin oder Washington, ganz so wie ihre Entsprechungen in Königsmund, im alltäglichen Kleinklein des Parteienstreits.

Selbst die administrativen Abläufe ähneln sich. In Game of Thrones verkünden die Gelehrten der Zitadelle von Altsass das Ende des Sommers, nachdem sie in einem aufwendigen Verfahren eine Reihe von Indikatoren geprüft haben. In den USA gibt das National Bureau of Economic Research offiziell bekannt, wann eine Rezession beginnt. In Deutschland übernehmen die Experten des Statistischen Bundesamts diese Aufgabe.

Wem die Turbulenzen rund um Griechenland nicht genügen, bekommt bei Game of Thrones Anschauungsunterricht, wie eine Staatschuldenkrise entsteht und welche Mühen es bereitet, sie zu bekämpfen. Der Zuschauer wird Zeuge, wie Krieg und Misswirtschaft die Staatsfinanzen der Sieben Königslande zerrütten und wie der "Meister der Münze" - so heißt der Finanzminister dort - immer wieder versucht, die Eiserne Bank von Braavos, den größten Kreditgeber des Landes, zu beschwichtigen, um die drohende Staatspleite abzuwenden.

Gemeinsame Institutionen wie die EZB

Die Sieben Köngigslande weisen auffallend viele Parallelen zur Europäischen Union auf. Auch sie sind eher Staatenbund als Bundesstaat. Jedes Herrscherhaus achtet eifersüchtig auf seine Rolle und Interessen und verteidigt seine Privilegien. So verfügt das Königreich über keine gemeinsame Streitmacht, das Militär ist also, um es im EU-Sprech auszudrücken, nicht vergemeinschaftet, was die Macht der Zentrale schwächt und den Krieg um den eisernen Thron erst möglich macht.

Dennoch existieren auch gemeinsame Institutionen. Eine der eindrucksvollsten und mächtigsten ist die Nachtwache. Sie verteidigt die Sieben Königslande auf einer 300 Meter hohen Mauer aus Eis gegen Eindringlinge aus dem Norden. Ihr Personal rekrutiert sich aus allen Teilen des Königreiches. Als Institution schwebt sie über den politischen Auseinandersetzungen, die sich in der fernen Hauptstadt abspielen. Aus dem innenpolitischen Streit hält sie sich heraus, sie entscheidet unabhängig, welche Maßnahmen sie ergreift, um ihre Aufgabe zu erfüllen.

Damit ähnelt sie in Aufgabe und Wirken der Europäischen Zentralbank (EZB). Auch deren Aufgabe ist es, losgelöst von den Interessen einzelner Mitgliedsländer der Währungsunion, für Sicherheit und Stabilität zu sorgen, wenn auch nur im strikt ökonomischen Sinne.

EZB-Vorsteher Mario Draghi und seine Mitarbeiter können dabei von Glück reden, dass es sie in die Wirklichkeit und nicht in die Phantasiewelt von Game of Thrones-Autor George R. R. Martin verschlagen hat. Um sich ihrer harten und aufopferungsvollen Aufgabe in Schnee und Eis ganz hingeben zu können, leben die Brüder der Nachtwache zölibatär, jedenfalls meistens. Dafür hat deren Chef den pompöseren Titel: "Lordkommandant der Nachtwache" hört sich eindeutig eindrucksvoller an als Draghis vergleichsweise nüchterner "Präsident".

Game of Thrones

Gibt es wirklich so viele Parallelen mit der Ökonomie?

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