Kritik an Niedrigzinspolitik: Draghi will Einladung des Bundestags annehmen

mercredi 27 avril 2016

Für seine Niedrigzinspolitik wird Mario Draghi in Deutschland scharf kritisiert. Laut einem Medienbericht will er diese nun im Bundestag diskutieren. Sorgen bereitet dem EZB-Chef der mögliche Brexit.

EZB-Chef Draghi

EZB-Chef Draghi

Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, will sich im Bundestag Fragen zu seiner Niedrigzinspolitik stellen. Er werde eine entsprechende Einladung annehmen und freue sich darauf, sagte Draghi der "Bild". "Eine höflich und konstruktiv geführte Debatte ist durchaus willkommen und hilft uns sogar, unsere Politik zu erklären."

Im Bundestag soll Draghi in einer gemeinsamen Sitzung der Europa-, Finanz und Haushaltsausschüsse sprechen. SPD-Fraktionschef Axel Schäfer hatte am Dienstag gesagt, man strebe einen raschen Termin mit dem EZB-Chef an.

Draghi hob nun noch einmal die Unabhängigkeit der EZB hervor. "Die EZB gehorcht den Gesetzen, nicht den Politikern." Einer seiner Vorgänger habe einmal gesagt: "Es ist normal, dass Politiker unser Tun kommentieren. Aber es wäre unnormal, wenn wir darauf hörten."

Deutsche Sparer sollen Anlageverhalten ändern

Mit Blick auf Forderungen aus CDU und CSU, der nächste EZB-Chef müsse ein Deutscher sein, sagte Draghi, auch wenn ein Nicht-Italiener jetzt im Amt wäre, würde er oder sie "denselben Kurs verfolgen wie wir". Kritiker in Deutschland werfen dem EZB-Chef vor, die Niedrigzinspolitik hauptsächlich für die überschuldeten südeuropäischen Staaten zu verfolgen.

Angesichts der extrem niedrigen Zinsen mahnte Draghi die deutschen Sparer zu einem veränderten Anlageverhalten. Sie hätten es mit ihren "Anlage-Entscheidungen auch selbst in der Hand, wie hoch ihre Erträge ausfallen, auch in Zeiten niedriger Zinsen". Alternativen zum Sparbuch brächten "gute Erträge", sagte Draghi, der einst für die US-Investmentbank Goldman Sachs arbeitete. Zudem gleiche die niedrige Inflation die negativen Effekte der niedrigen Zinsen für Sparer aus.

Sorgen um Europa

In dem Interview warnte Draghi vor den wirtschaftlichen Folgen eines Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union. "Ich kann und will nicht glauben, dass die Briten für einen Austritt stimmen", sagte der EZB-Chef. Die Briten müssen am 23. Juni in einem Referendum entscheiden, ob sie in der EU bleiben oder austreten wollen, der Ausgang ist Umfragen zufolge offen. "Gemeinsam sind wir stärker. Aber wenn sie es doch tun, muss ihnen klar sein: Sie verlieren all die Vorteile des Binnenmarkts", sagte Draghi.

Über die Entwicklung der Europäischen Union mache er sich indes große Sorgen. "Wir erleben mehrere Krisen, die alle mit einander zusammenhängen und sich gegenseitig verstärken", sagte Draghi. "Umso wichtiger ist es, jedem Nationalismus und Isolationismus zu widerstehen. Beide sind aber auf dem Vormarsch. Das ist meine große Sorge." Von Bundeskanzlerin Angela Merkel wünsche er sich, "dass sie weiter für Europa kämpft."

Wie Notenbanken funktionieren
Woher nehmen Notenbanken das ganze Geld?
Für die Milliardensummen, die die Europäische Zentralbank (EZB) und die US-amerikanische Federal Reserve Bank (Fed) im Verlauf der Finanzkrise den Banken zur Verfügung stellten, müssen die Notenbanken nicht die Notenpresse anwerfen und Geldscheine drucken. Die Beträge werden lediglich auf den Konten der Geschäftsbanken gutgeschrieben, die bei den Notenbanken geführt werden. Gegen Wertpapiere als Sicherheiten leiht die EZB oder Fed Geld aus. Nach einer bestimmten Frist zahlen die Banken die Summe inklusive Zins zurück.
Können sie pleitegehen?
Technisch nein. Die EZB hat im Euro-Raum das Monopol über das Zentralbankgeld und kann unabhängig darüber entscheiden, wann sie wie viel Geld in Umlauf bringt.
Warum buttern sie so viel Geld in die Märkte?
Generell leihen sich Geldinstitute auf dem Geldmarkt untereinander oder bei der EZB oder Fed Geld aus und zahlen dafür Zinsen - so wie ein Bankkunde bei einer Bank einen Kredit bekommt und diesen abträgt. Für die Geschäftsbanken ist es wichtig, dass sie über flüssiges Geld (Liquidität) verfügen, zum Beispiel für die Vergabe von Krediten an Unternehmen und Verbraucher. Wegen der Turbulenzen an den Finanzmärkten und eventueller noch unbekannter Risiken bei einzelnen Häusern sind die Banken jedoch misstrauischer geworden und nicht mehr im üblichen Maße bereit, sich gegenseitig Geld auszuleihen. In so einem Fall können die Notenbanken eine Finanzspritze geben, um einen Geldengpass (Kreditklemme) zu verhindern. Vorrangiges Ziel der Notenbanken sind stabile Preise. Die EZB ist laut EU-Vertrag aber auch für die Stabilität des Finanzsystems mitverantwortlich.

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