Der M4 GTS ist die Antithese zum Weichei-Trend bei Sportwagen. Kompromisslos entrümpelt, Komfort ade. Stattdessen gibt es mehr Leistung - auch dank einer neuen, genialen Technologie.
Der erste Eindruck: Ein 4er im Kampfanzug.
Das sagt der Hersteller: 3,8, 3,0 und 7:28 - mit diesen drei Zahlen beschreibt Frank van Meel, der Chef der M GmbH von BMW, den neuen M4 GTS am liebsten. 3,8 Sekunden dauert die Beschleunigung des Autos von 0 auf 100 km/h, 3,0 ist die Kennzahl für das Leistungsgewicht in Kilo pro PS. Und die 7:28 stehen für die Rundenzeit auf der Nürburgring-Nordschleife. "Damit stößt das Auto in Dimensionen vor, die man sonst von Supersportwagen kennt", sagt van Meel.Das ist uns aufgefallen: Die meisten Sportwagen sind heute verweichlichte Alleskönner, die auch bei der Kinderverbringung oder auf dem Weg zum Feinkostladen Manieren zeigen. Nicht so der M4. Mittels Hosenträgergurten in den Karbonsitzschalen fixiert, nimmt man in ihm umgehend Abschied von jedem Gedanken an Komfort.
Auch andere Sportmodelle von BMW - der neue M2 einmal ausgenommen - sind in den letzten Jahren immer steriler geworden. Der M4 GTS bleibt jedoch allein der Raserei verpflichtet. Im Rückspiegel macht sich ein riesiger Heckspoiler breit, davor versperren die Streben eines Überrollkäfigs die Sicht. Eine Rückbank sucht man vergeblich. Eine Trennwand aus Karbon markiert die Abgrenzung zum Kofferraum, auch Türtafeln und Mittelkonsole sind aus Kohlefaser gebacken. Statt Türgriffen gibt es Stoffschlaufen.
Im Cockpit und auf der Armaturentafel herrscht dagegen weniger Purismus. Natürlich gibt es auch in diesem BMW eine Klimaanlage, sowie einen großen Navi-Bildschirm mit Dutzenden von Infotainment-Menüs bis hin zum Rennstreckentrainer und dazu etliche Knöpfen für die vielen Assistenzsysteme. Selbst das wunderbar griffig aufgepolsterte Sportlenkrad hat mehr Tasten als ein Taschenrechner für die Oberstufe. Dabei hat man im GTS bei gattungsgerechtem Einsatz gar keinen Nerv für all diese elektronischen Errungenschaften. Denn sobald der Wagen den Fahrer mit 500 PS Leistung und 600 Nm maximalem Drehmoment dem Horizont entgegenschleudert, erfordert das volle Aufmerksamkeit.
Wobei es dieser Rennwagen auch dem Laien leicht macht. Denn so brachial der M4 GTS beschleunigt, so ungehobelt er brüllt und so rabiat er auf einem verstellbaren Gewindefahrwerk über die Piste bügelt, so kontrollierbar bleibt der Sportwagen dabei. Gasannahme, Bremse, Lenkung, Doppelkupplung - alle Systeme arbeiten wie mit maximal angespannten Nerven und reagieren schneller und schärfer als bei Alltagsfahrzeugen. Gleichzeitig überfordern sie den Fahrer aber nicht. Keine Frage: Auch dieses Auto muss man natürlich beherrschen. Aber man muss es nicht bezwingen.
Das muss man wissen: Es sind vor allem zwei Dinge, die beim GTS den Unterschied zum normalen M4 machen - eine gründliche Fastenkur und eine kräftige Leistungssteigerung.
Für das geringere Gewicht haben die Bayern nicht nur den Innenraum ausgeräumt, sondern auch bei Karosserie und Anbauteilen mit jedem Gramm gegeizt. Der Auspuff aus Titan ist um 20 Prozent leichter, Dach und Hauben sind aus Karbon und selbst die filigranen Streben des Heckflügels sind mit Computerhilfe aus Aluminium gefräst und sehen deshalb aus wie die Profile von Flugzeugtragflächen. Die leichte Karosserie zwingt den Fahrer bisweilen zu schweren Übungen: Die Kohlefaser-Motorhaube ist jetzt so leicht, dass man sie geradezu zuschmettern muss, damit sie den Widerstand des Schlosses überwindet.
Beim Motortuning feiert eine neue Technologie bei der M GmbH Premiere: Statt lediglich die Software umzuschreiben oder am Turbo zu drehen, setzt BMW erstmals bei einem modernen Serienauto auf eine Wassereinspritzung. Sie bläst feine Sprühnebel in den Sammler und kühlt so die Ladeluft. Das ermöglicht eine höhere Verdichtung, einen größeren Ladedruck und einen früheren Zündzeitpunkt. So steigt die Leistung um knapp 70 PS und das Drehmoment klettert um 50 Nm. Zwar muss man im Rennstreckeneinsatz bei jedem Tankstopp auch das Fünf-Liter-Wasser-Reservoir im Kofferraum auffüllen, doch der Verbrauch steigt gegenüber dem Serienmodell in der Theorie nur um 0,2 Liter.
Die Wassereinspritzung ist übrigens nicht die einzige neue Technik, die BMW im M4 an die Serienproduktion heran führt. Auch die Rückleuchten mit sogenannten organischen Leuchtdioden gab es in dieser Form bislang noch in keinem Serienauto. Diese OLED erzeugen ihr Licht mit hauchdünnen, halbleitenden Schichten aus organischen Materialien. Anders als konventionelle LED strahlen sie nicht punktförmig, sondern geben ihr Licht vollflächig und homogen ab und sehen deshalb noch prägnanter aus.Der ganze Aufwand hat seinen Preis: Mit 142.600 Euro ist der M4 GTS knapp 70.000 Euro teurer als das Grundmodell. Die Kunden scheint das nicht zu stören. Die Kleinserie von 700 Autos war bereits verkauft, lange bevor Ende des Monats die ersten Autos in den Handel kommen.
Das werden wir nicht vergessen: Wie dieses Auto die Farbenlehre bei BMW durcheinander bringt. Das Markenlogo bleibt natürlich weiß-blau und die Seele des Wagens ist schwarz wie die Karbonfaserbauteile. Doch die dominierende Farbe ist ein flammendes Rot: Hinterherfahrende sehen es sofort, wenn sie zum ersten Mal in die spektakulären Rückleuchten blicken.
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