Bankrott-Anklage gegen Drogerie-Pleitier: Anton Schleckers größte Angst

jeudi 14 avril 2016

Die Staatsanwaltschaft will Anton Schlecker wegen Bankrotts den Prozess machen. Doch das Verfahren ist komplex und dürfte sich hinziehen. Was droht dem Ex-Drogeriekönig?

Schlecker-Schild

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Schlecker ging vor vier Jahren pleite, doch ehemalige Mitarbeiter haben bis heute mit der Abwicklung zu tun. In der früheren Konzernzentrale in Ehingen archivieren sie im Auftrag des Insolvenzverwalters die Reste von Europas einst größter Drogeriekette. Auch die Staatsanwaltschaft hat Schlecker nie losgelassen. Nun hat sie Anklage gegen Anton Schlecker, dessen Ehefrau Christa und die beiden Kinder Lars und Meike erhoben.

Bereits die langen Ermittlungen zeigen, wie aufwändig es ist, die Umstände der Pleite des Schlecker-Imperiums zu rekonstruieren. Mehr als 20.000 Gläubiger warten noch auf Geld, die Forderungen belaufen sich auf mehr als eine halbe Milliarde Euro. Vor allem ehemalige Vermieter und Angestellte tragen den Schaden.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem heute 71-jährigen Unternehmer vor, im Vorfeld der Insolvenz in 36 Fällen Vermögenswerte beiseite geschafft zu haben. Dabei sei Schlecker klar gewesen, dass die einst größte deutsche Drogeriekette vor der Zahlungsunfähigkeit stand. Insgesamt geht es nach Angaben der Staatsanwaltschaft um einen zweistelligen Millionenbetrag. Seine Frau und die Kinder sollen Anton Schlecker dabei geholfen haben.

Bei Schlecker war es zum Zeitpunkt der Insolvenz bereits seit Jahren abwärts gegangen. Anton Schlecker hatte seinen Konzern als "eingetragener Kaufmann" geführt, das heißt Privat- und Firmenvermögen waren damit nicht getrennt. In den Jahren vor der Pleite hatte Anton Schlecker Immobilien und andere Firmenteile an seine Kinder und an seine Ehefrau verkauft oder verschenkt. Aber hat er sich damit strafbar gemacht?

Wenn eine Insolvenz droht oder kurz bevorsteht, darf ein Eigentümer seinem Unternehmen keine Finanzmittel mehr entziehen, damit die Gläubiger nicht geschädigt werden. Tut er es doch, wird das juristisch als Bankrott bezeichnet. So lautet nun die Anklage gegen Anton Schlecker. In 13 der 36 Fälle geht es um Bankrott in einem besonders schweren Fall. Darauf steht in jedem Fall eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Auch Wirtschaftsprüfer stehen im Visier der Staatsanwaltschaft

Schleckers Kinder Meike und Lars müssen sich zudem wegen Insolvenzverschleppung und Untreue verantworten. Sie sollen das Logistikunternehmen LDG als faktische Geschäftsführer um mehrere Millionen Euro geschädigt haben: Obwohl sie von den Schulden und Verlusten des Unternehmens wussten, sollen sie sich Millionen Euro als angeblichen Gewinn aus dem Geschäftsjahr 2011 ausschütten haben lassen.

Außerdem sollen auf ihre Veranlassung von einem Geschäftskonto mehr als 50.000 Euro auf das Privatkonto von Christa Schlecker für nie geleistete Beratertätigkeiten geflossen sein. Von einer weiteren Schlecker-Firma sollen trotz drohender Zahlungsunfähigkeit 19.000 Euro auf das Privatkonto der Mutter geflossen sein. Meike und Lars Schlecker hätten zudem bewusst versäumt, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen.

Auch gegen zwei Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Sie sollen Bilanzen für 2009 und 2010 testiert haben, obwohl sie erkannt hätten, dass Schlecker diese manipuliert habe. Anton Schlecker selbst habe im Zusammenhang damit auch vor dem Insolvenzgericht gelogen. Ein Sprecher von Ernst & Young wollte sich nicht äußern.

Ob das Verfahren eröffnet wird, muss nun die Große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart entscheiden und zuvor die Akten prüfen. Ob es zur Hauptverhandlung kommt, könnte auch erst im nächsten Jahr entschieden werden, sagte eine Sprecherin.

Sollte es wirklich zu einem Prozess gegen Anton Schlecker kommen, bedeutet das für die verbliebenen Gläubiger nicht automatisch, dass sie noch Geld wiedersehen. "Im Strafprozess geht es nur um die Bestrafung gesetzeswidrigen Verhaltens, nicht um Wiedergutmachung", sagt André-M. Szesny von der Wirtschaftskanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek. Geldforderungen gegen Anton Schlecker müssten dann in einem zivilrechtlichen Verfahren durchgesetzt werden.

Für den öffentlichkeitsscheuen Anton Schlecker dürfte allein ein öffentlicher Prozess schon eine Strafe sein. Finanziell hat er bereits Abbitte geleistet. Denn der Insolvenzverwalter kassierte Geldgeschenke von Schlecker an seine Enkel und andere rechtlich gut nachweisbare Vermögensverschiebungen wieder ein. In einem Vergleich zahlte die Familie 10,1 Millionen Euro an den Insolvenzverwalter. Vor strafrechtlicher Verfolgung hat sie das nicht bewahrt. Auch um diese bereits beglichenen Summen geht es in der Anklage. Die Ermittler wollen den Schleckers aber Straftaten darüber hinaus nachweisen.

Dass die Familie Schlecker bereits Millionen an den Insolvenzverwalter gezahlt hat, dürfe nicht als Schuldeingeständnis angesehen werden, sagt Szesny. Diese Zahlung könne auch auf freiwilliger Basis erfolgt sein - etwa, um das Insolvenzverfahren zu vereinfachen - und könnte am Ende sogar strafmildernd wirken.

Der Anwalt von Anton Schlecker warnte vor einer Vorverurteilung seines Mandanten. "Voreilige Festlegungen verbieten sich angesichts des Stands und des Inhalts des Verfahrens", sagte Rechtsanwalt Norbert Scharf. "Die mit der Anklage aufgeworfenen Fragen betreffen einen umfangreichen, komplexen und rechtlich schwer einzuordnenden Sachverhalt aus der Historie der Firma Schlecker." Zu den Vorwürfen im einzelnen werde er sich gegenüber dem Landgericht Stuttgart äußern.


Zusammengefasst: Das Landgericht Stuttgart muss entscheiden, ob Anton Schlecker der Prozess gemacht wird. Die Staatsanwaltschaft will beweisen, dass er vor der Insolvenz seiner Drogeriekette Millionen beiseite geschafft hat. Die Gläubiger können dennoch nicht auf schnelle Wiedergutmachung hoffen.

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