Brasiliens Regierung mobilisiert alle Kräfte, um das Amtsenthebungsverfahren gegen die Staatschefin zu stoppen. Präsidentin Rousseff warnt in einer Videobotschaft vor einem "Staatsstreich".
Es ist ein entscheidender Tag für Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff: Stimmen an diesem Sonntagabend in der Abgeordnetenkammer mehr als 172 von 513 Abgeordneten gegen ein Amtsenthebungsverfahren, behält sie ihr Mandat. Andernfalls wird das Oberhaus mit dem Verfahren befasst. Dort reicht eine einfache Mehrheit der Senatoren, um ihre Amtsführung für bis zu 180 Tage auszusetzen.
Die sozialdemokratische Staatschefin steht seit Langem unter Druck und wird unter anderem für die schlechte wirtschaftliche Entwicklung des Landes verantwortlich gemacht. Ihr wird zur Last gelegt, Haushaltszahlen geschönt und außerdem ihren Wahlkampf illegal mit Spenden von Zulieferern des staatlichen Ölkonzerns Petrobras finanziert zu haben. Sie selbst spricht von einem "Putsch" gegen sie."Sie wollen eine Unschuldige verurteilen und retten Korrupte", schrieb die 68-Jährige in einer langen Kolumne für die Samstagausgabe der Zeitung "Folha de São Paulo". In einer Videobotschaft warnte sie die Bevölkerung vor einem "Staatsstreich": Im Falle ihres Sturzes würden soziale Programme gekürzt.
Auch Rousseffs Widersacher, ihr früherer Bündnispartner und noch Vizepräsident Michel Temer, meldete sich zu Wort: Auf Twitter schrieb er, sie lüge.
Nur noch zehn Prozent Zustimmung
In der brasilianischen Abgeordnetenkammer gibt es traditionell keine sehr ausgeprägte Fraktionsdisziplin, bis zuletzt wurden deshalb einzelne Abgeordnete bekniet, der Präsidentin noch eine Chance zu geben. Die Opposition wirft dem Regierungslager vor, Stimmen kaufen zu wollen durch das Anbieten von öffentlichen Posten.
In der Hauptstadt Brasilia gingen Gegner und Anhänger der Präsidentin auf die Straße, ein fast ein Kilometer langer Metallzaun trennte die politischen Kontrahenten. Auch in São Paulo und in Rio de Janeiro wurde für und gegen Rousseff demonstriert.Auch wenn sie als Siegerin der Abstimmung hervorgehen sollte, brächte das keine Ruhe; zu stark ist die "Dilma-muss-weg"-Stimmung. In Umfragen stehen nur noch zehn Prozent der Wähler hinter ihr. Analysten sehen Neuwahlen als einzigen Ausweg.
Die Präsidentin selbst hat sich den großen Druck nicht anmerken lassen: Sie unternahm am Sonntagmorgen erst einmal eine kleine Radtour, ein von ihr geliebtes Ritual.
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