Germanwings-Absturz: US-Anwälte reichen Klage gegen Lufthansa-Flugschule ein

mercredi 13 avril 2016

Germanwings-Absturzstelle in Frankreich
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Germanwings-Absturzstelle in Frankreich

Der Lufthansa droht ein Prozess in Amerika: Wegen der Germanwings-Katastrophe klagen Hinterbliebene nun in den USA gegen die Flugschule, die den Piloten Andreas Lubitz ausbildete. Es geht um Millionen.

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Die deutschen Opfer der Germanwings-Katastrophe verklagen die Fluggesellschaft Lufthansa in den USA auf Schadensersatz. Am Mittwochnachmittag (Ortszeit) reichte die US-Anwaltskanzlei Kreindler & Kreindler beim District Court im Bundesstaat Arizona eine umfangreiche Klageschrift gegen eine dortige Flugschule ein, die den späteren Germanwings-Piloten Andreas Lubitz ausgebildet hat. Die Flugschule gehört zu 100 Prozent der Germanwings-Muttergesellschaft Lufthansa.

Mit der Klage versuchen die US-Anwälte, für die Angehörigen von 80 Opfern Schadensersatz in Millionenhöhe zu erstreiten. Sie schildern, dass es die Flugschule "ATCA" im Jahr 2009 versäumt habe, Hinweisen auf die psychischen Probleme des späteren Piloten Lubitz nachzugehen und ihn von der weiteren Ausbildung auszuschließen. "Wenn die Flugschule richtig gearbeitet hätte, wäre der 24. März nie passiert", sagte der US-Anwalt Brian Alexander SPIEGEL ONLINE kürzlich in einem Interview.

Lubitz hatte am 24. März den Flug 4U9525 abstürzen lassen, weil er sich umbringen wollte. Auf dem Flug von Barcelona nach Düsseldorf schloss er sich im Cockpit ein und brachte den Airbus 320 in den Sinkflug. Wenig später zerschellte die Maschine in den französischen Alpen. Alle 150 Insassen kamen ums Leben, darunter viele Deutsche.

"Es war die Pflicht, Lubitz gründlich zu checken"

Mit der Klage in den USA protestieren die Opfer aus Deutschland gegen die Germanwings-Mutter Lufthansa. Deren Entschädigungsangebot orientiert sich an der deutschen Rechtslage, die längst nicht so hohe Zahlungen wie in den USA vorsieht. Die US-Anwälte sparen nicht mit Kritik: "Ein Rechtssystem, das keine angemessenen Entschädigungen vorsieht, ist unfair", sagte Jurist Alexander, "eine Weltmarke wie Lufthansa darf sich daran nicht orientieren."

Die Klage argumentiert zudem, die Lufthansa-Flugschule sei 2009 einem Hinweis in Lubitz' Krankenakte, die auf eine frühere Behandlung wegen einer Depression hinwies, nicht nachgegangen. Bei einer Überprüfung hätte man die Vorerkrankung feststellen und Lubitz vom Flugunterricht ausschließen müssen. "Es war die Pflicht von Lufthansa, Lubitz gründlich zu checken", sagtUS-Anwalt Alexander.

Ob die Klage Erfolg hat, ist schwer abzusehen. Grundsätzlich zwingen US-Gerichte Airlines bei erfolgreichen Schadensersatzklagen zu Zahlungen in Millionen-Höhe. Gleichwohl ist nicht klar, ob das US-Gericht in Arizona die Klage überhaupt annimmt, da der Absturz in Europa sowohl in Deutschland als auch in Frankreich staatsanwaltlich untersucht wird. Die Opfer hingegen sehen die US-Klage als letzte Chance, eine angemessene Abfindung zu bekommen.

Lufthansa droht ein unangenehmer Prozess

Die Zeit nach der Germanwings-Katastrophe machte deutlich, wie unterschiedlich die Frage von Schadensersatz und Schmerzensgeld weltweit geregelt ist. So werden die Angehörigen der Opfer, die nicht aus Deutschland kommen, absehbar sehr hohe Zahlungen erhalten. Bereits jetzt laufen vertrauliche Verhandlungen zwischen ihren Anwälten und der Lufthansa. Für die deutschen Opfer, sagen ihre Anwälte, sei das ein Schlag ins Gesicht.

Für den US-Anwalt Alexander ist die Gesetzeslage ein Grund, warum Lufthansa einlenken und sich auf eine angemessene Entschädigung für die deutschen Opfer einlassen sollte. "Es ist doch undenkbar, dass am Ende Menschen, die in der gleichen Reihe wie die Deutschen saßen, mehr Geld kriegen, nur weil sie Spanier oder Briten sind", so der Anwalt. Wie in solchen Fällen üblich, ist es jederzeit möglich, ein Angebot für eine außergerichtliche Einigung vorzulegen.

Für die Lufthansa würde ein möglicher Prozess in den USA ziemlich unangenehm. In allen Details würden die Anwälte versuchen, mutmaßliche Lücken bei den Checks der Piloten offenzulegen und das gesamte Ausbildungs-System in Frage zu stellen. Für die Airline, die international mit ihrer typisch deutschen Zuverlässigkeit um Kunden wirbt, ist eine solche Nabelschau die wohl schlechtestmögliche PR.


Zusammengefasst: Vor rund einem Jahr brachte Co-Pilot Andreas Lubitz den Germanwings-Flug 4U9525 in den französischen Alpen zum Absturz, weil er nicht mehr leben wollte. Alle 150 Menschen an Bord starben. Nun haben Dutzende Hinterbliebene in den USA Klage gegen die Flugschule eingereicht, die Lubitz ausgebildet hatte. Es geht um Schadensersatz in Millionenhöhe. Ob die Klage zugelassen wird, ist noch unklar.

Im Video: Gedenkfeier für Angehörige in Le Vernet

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